Autobranche: Alle gegen Tesla
26. Februar 2021
BMW, Daimler und Volkswagen kommen unter Teslas (Elektro-)Räder. Die deutschen Pioniere der globalen Autobranche haben keine Chance gegen den Emporkömmling aus Kalifornien. Das ist zumindest der Eindruck bei der Lektüre der Wirtschaftsnachrichten. Und das spiegelt sich auch in den Kursen der Autoaktien wider – noch. Denn es sprechen einige Gründe dafür, dass BMW, Daimler oder Volkswagen wieder auf die Überholspur wechseln können.
2021 markiert Beginn der E-Offensive der deutschen Autobranche
2021 dürfte ein bedeutsames Jahr für die deutsche Autobranche werden – sie markiert den endgültigen Beginn der Münchener, Stuttgarter und Wolfsburger Elektro-Offensive. Dabei treten sie nicht nur gegen Tesla an, sondern auch gegen chinesische Hersteller wie NIO, BYD, Great Wall, Geely sowie gegen Neulinge wie den US-Konzern Lucid Motors. Doch die deutschen Hersteller scheinen gerüstet zu sein. Was bereits 2020 begonnen hat, setzt sich in diesem Jahr weiter fort – die heimische Autobranche bringt zahlreiche neue E-Modelle auf die Straße und erhöht so den Druck. Daimler/Mercedes bringt den EQS und EQA auf den Markt. BMW kommt mit dem SUV-E iNext und der Volkswagen-Konzern bringt gleich eine Elektroflotte: ID.4 (Q1 21), ID.4 GTX, Skoda Enyaq, Audi e-tron GT, Audi Q4 e-tron und der Seat Cupra el-Born. Porsche bringt den Taycan EV in mehreren Versionen auf den Markt. Bedeutsam dürfte auch die Markteinführung des Audi Q5 Sportback und des VW Nivus sein.
Impulse aus strukturellen Veränderungen bei BMW, Daimler und VW
Nicht nur modellseitig hat sich die deutsche Autobranche in Stellung gebracht. Die Diesel-Affäre ist überstanden, die Handelskonflikte und der Brexit sind eingepreist, die Corona-Pandemie verliert allmählich an Kraft und die hohen Kosten für den Einstieg in die Elektromobilität sind eingeplant. Strukturelle Veränderungen könnten den Autoaktien der traditionellen Herstellen zusätzliche Impulse geben. Bei Daimler erhoffen sich Anleger, dass die Trennung von Autos und Lastwagen in zwei Unternehmen weiter Wert freisetzt. VW könnte Schub an der Börse erhalten, wenn ein IPO von Porsche Realität wird, der viel Geld in Konzernkassen für die technologische Weiterentwicklung spülen würde. BMW ist stark bei Hybridfahrzeugen, aber noch nicht sehr weit bei reinen Elektroautos. Die Münchener wollen nun bis 2023 zusätzlich eine viertel Million mehr Elektro-Autos bauen als ursprünglich geplant. Der Anteil elektrifizierter Fahrzeuge am Absatz soll sich bis 2023 auf rund 20 Prozent mehr als verdoppeln.
Aufholjagd der deutschen Autoaktien
In den Autoaktien spiegeln sich die Perspektiven der deutschen Autobranche allerdings noch nicht gänzlich wider. Zuletzt zeigten sich die Papiere von BMW, Daimler oder Volkswagen – getragen von guten Zahlen, strategischen Weichenstellungen und Dividendenankündigungen – aber leicht auf Erholungskurs. Analysten erwarten in diesem und dem nächsten Jahr eine positive Gewinnentwicklung. Die Einschätzung basiert auf Kennzahlen, auf Konjunkturprognosen und der inneren Kraft der Konzerne. So ist Volkswagen bereits der Tesla-Jäger Nummer eins unter den etablierten Herstellern, Daimler und BMW fahren im Bereich der Elektromobilität ebenfalls die Motoren hoch. Die Ampeln, so wirkt es aktuell, stehen auf Grün – bereit für eine erfolgreiche Rückkehr der deutschen Autoaktien. Und: Die deutschen Automobil-Hersteller liegen in der Bewertung noch meilenweit hinter den reinen E-Autoherstellern. Hier besteht also noch erheblicher Nachholbedarf.
Deutsche Autobranche startet Aufholjagd
Es ist offensichtlich, dass die deutsche Autobranche ihre Aufholjagd gestartet hat. Die Vorherrschaft Teslas wird angefochten. So liegt VW im Elektro-Musterland Norwegen bereits vor Tesla. Mittel- bis längerfristig wird es entscheidend sein, ob die Hersteller bei Elektroautos Marktanteile gewinnen können, wenn staatliche Subventionen zurückgefahren werden oder ganz auslaufen. Und nur wer, auf einem soliden Fundament gebaut hat, wird auch ohne staatliche Hilfen die Kraft haben, seine Geschäfte erfolgreich fortzuführen. Ob ein Hersteller wie Nio, der 2020 nicht einmal 40.000 Fahrzeuge auslieferte, aber an der Börse höher bewertet sein kann als VW? Oder Lucid Motors, die eine Marktkapitalisierung von 20 Milliarden Euro aufweisen – und damit nur halb so viel wie BMW, aber noch kein einziges Fahrzeug verkauft haben? Aus Hype kann sehr schnell Hybris werden. Vor diesem Hintergrund scheinen bei Abwägung der Vor- und Nachteile die deutschen Autoaktien doch durchaus eine attraktive Investitionsmöglichkeit zu bieten.
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Über den Autor:
Dr. Markus C. Zschaber, Gründer und Geschäftsführer der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft, gilt als einer der erfahrensten und renommiertesten Vermögensverwalter in Deutschland und begleitet alle Prozesse im Unternehmen aktiv mit.
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