Maschinenbau: Digitalisierung trennt Spreu und Weizen
18. Oktober 2023
Wer in diesen Wochen die Wirtschaftspresse verfolgt, der weiß: Der Wandel ist allgegenwärtig. Gerade die deutsche Industrie ist angesichts von Inflation, Fachkräftemangel, aber auch steigenden Nachhaltigkeits-Anforderungen und der fortschreitenden Digitalisierung unter Druck. Doch diese Situation birgt auch Chancen – auch für den heimischen Maschinenbau.
Gerade der deutsche Maschinenbau hat weltweit noch immer einen ausgezeichneten Ruf. Wenn etwa chinesische E-Auto-Hersteller Karosserien wortwörtlich aus „einem Guss“ herstellen und so nach dem Vorbild von Tesla Kosten senken und Autos nach dem Lego-Prinzip bauen, spielen dabei häufig deutsche Maschinen eine zentrale Rolle. Die Ausgangslage für Unternehmen aus der Branche ist also trotz der Herausforderungen positiv.
Maschinenbau mit Digitalisierungs-Defizit
Auch die Berater von „Struktur Management Partner“ blicken in ihrer Untersuchung „Prozess-Digitalisierung als Chance für den deutschen Maschinenbau“ optimistisch in die Zukunft. Wenn Unternehmen aus dem Maschinenbau ihre Prozesse digitalisieren, sei das erstens in einer vergleichsweise kurzen Zeit möglich und amortisiere sich zweitens fast ebenso schnell. Trotzdem würden viele Unternehmen diese Potenziale noch immer nicht ausschöpfen. Nach Angaben des Beratungsunternehmens sei gerade der Maschinenbau spät von der Digitalisierung erfasst worden.
Dabei ist die Digitalisierung von Prozessen ein Schlüssel, um gleich mehreren Herausforderungen der Zeit aktiv zu begegnen. Die allseits steigenden Kosten und die zunehmende Konkurrenz, der gerade deutsche Maschinenbauer ausgesetzt sind, würden durch eine größere Effizienz abgemildert. Auch der Fachkräftemangel könnte nach einer umfassenden Digitalisierung bzw. Automatisierung von Produktionsprozessen ein kleineres Problem sein als vorher. Man denke dabei etwa an intelligente Systeme zur Schichtplanung oder mehr standardisierte Prozesse, die auch von Seiteneinsteigern oder ungelernten Kräften umgesetzt werden können.
Innovation beginnt bei den Mitarbeitern
Dass die Digitalisierung dabei hilft, nicht mehr in jedem Bereich ausgewiesene Spezialisten einsetzen zu müssen, zeigt etwa der Trend hin zur Low-Code-Programmierung. Dabei tippen Programmierer keinen Programmcode mehr, sondern arbeiten mit visuellen Hilfsmitteln und grafischen Modellierungsverfahren, um Prozesse zu gestalten. Auch der Einsatz externer Fachkräfte und Dienstleister wird durch digitale Prozesse begünstigt – auch dezentrales Arbeiten kann ein wirksames Mittel gegen den Fachkräftemangel vor Ort sein. Doch wie erkennen Anleger Unternehmen, die diese Chancen auch wahrnehmen können?
Neben einem Management, das idealerweise eine lange Bindung zu einem Unternehmen hat und selbst Aktien hält, entscheidet auch die Unternehmenskultur darüber, wie innovativ Maschinenbauer letztlich sind. Wenn selbst kleinste Entscheidungen von Vorgesetzten abgesegnet und zudem schriftlich begründet und dokumentiert werden müssen, ist das ein Innovations-Killer. Wenn Mitarbeiter allerdings die Freiheit haben, ihre Bereiche zu gestalten und Verantwortung zu übernehmen, begünstigt das den Fortschritt – und lockt weitere Mitarbeiter von diesem Schlag an.
Maschinenbau: Das sollten Anleger beachten
Gerade in einer Zeit, in der neue Technologie, wie etwa KI, wöchentlich neue Lösungen bietet, ist eine flexible und innovationsfreundliche Unternehmenskultur wichtig. Damit Investoren herausfinden können, ob eine solche Kultur in einem Unternehmen auch vorhanden ist, können einerseits Nachhaltigkeits-Ratings aus der Kategorie „Governance“ helfen, aber auch direkte Gespräche mit dem Management oder persönliche Eindrücke von Messen oder aus anderen Gesprächen.
Vor allem wegen des allgegenwärtigen Wandels und der bislang eher langsamen Digitalisierung im Maschinenbau, entstehen bei innovativen Unternehmen aus der Branche große Chancen. Anleger müssen jedoch detailliert analysieren – eine Aufgabe, die jedoch das Gros der privaten Anleger wohl kaum erfolgreich umsetzen dürfte. Denn: Es sind nicht nur gute Kontakte zum Management der aussichtsreichen Unternehmen mehr als hilfreich, auch Wissen, Zeit und Erfahrungen sind unerlässlich, um die besten Maschinenbauer-Aktien zu identifizieren. Denn: Fakt ist, nicht jeder Maschinenbauer wird die beschriebenen Chancen wahrnehmen. Der Wandel produziert auch Verlierer.
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Über den Autor:
Dr. Markus C. Zschaber, Gründer und Geschäftsführer der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft, gilt als einer der erfahrensten und renommiertesten Vermögensverwalter in Deutschland und begleitet alle Prozesse im Unternehmen aktiv mit.
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