US-Aktienmarkt – was tun, wenn die Zinsen fallen?
28. August 2024
Im September wird die US-Notenbank die Zinswende einleiten, das ist so gut wie sicher. Dem US-Aktienmarkt stehen damit einige Veränderungen bevor. Wie es weitergeht und welche Aktien und Branchen nun besonders attraktive Chancen bieten.
Für einen Moment stand die ansonsten so hektische Finanzwelt wohl still – und zwar zu dem Zeitpunkt als Jerome Powell vor wenigen Tagen in Jackson Hole an die Mikrophone trat. Der US-Zentralbankchef räusperte sich und sagte dann die entscheidenden Worte, auf die die Aktienmärkte so lange gewartet hatten: „Es ist an der Zeit, die Geldpolitik anzupassen.“
Start des US-Zinssenkungszyklus
Powells Rede auf dem Treffen der großen Notenbanken im August im beschaulichen Ferienort Jackson Hole im Bundesstaat Wyoming markiert wohl den Wendepunkt in der Zinspolitik der USA. Ging es seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Komplikationen mit den Zinsen in den USA steil nach oben, dürften in den kommenden Monaten – vielleicht auch Jahren – Zinssenkungen auf der Agenda stehen.
Dass das so kommt, dass Powell während der Veranstaltung die Zinswende verkündet, konnte man als aufmerksamer Beobachter erahnen. Denn in diesem Jahr lautete das Thema des regelmäßig im August abgehaltenen Treffens „Reassessing the Effectiveness and Transmission of Monetary Policy“, was auf Deutsch so viel heißt wie „Neubewertung der Wirksamkeit der Geldpolitik“. Oder eben in den Worten von Powell: „Es ist an der Zeit, die Geldpolitik anzupassen.“ Leitthema des Events und die Powell-Rede waren nahezu identisch. Die Inflation, im Vorjahr noch wichtiger Diskussionspunkt, tauchte hingegen nur noch am Rande auf.
US-Aktienmarkt: Kurzfristige Schwankungen möglich – trotz Zinssenkung
Nun stehen wir also in den USA vor der ersten Zinssenkung. Kommen wird sie wohl auf dem Treffen der US-Notenbank am 18. September. Es ist jedoch ungewöhnlich, dass eine solche Zinssenkung so sicher ist. Bislang hat die Notenbank versucht zu vermeiden, berechenbar zu sein. Denn die schärfste Waffe der Zentralbank ist die Ungewissheit, sie hält die Märkte in Schach. Dass es nun anders ist, liegt am langen Herauszögern der ersten Zinssenkung in den USA seit Corona.
Während man in anderen Ländern längst zur Tat geschritten ist – die Europäische Zentralbank hat bereits im Juni den ersten Zinsschritt nach unten gewagt –, haben die Amerikaner gewartet. Das hat schlichtweg den Grund, dass die Lage in den USA vertrackter als in Europa ist. Die US-Wirtschaft war trotz der vielen Zinserhöhungen mehr als stabil und hoch produktiv, während bei uns die maue wirtschaftliche Situation klar und deutlich ist. Nun geht es in den USA genau darum, den Punkt zu erkennen, wann eine Wirtschaft schwächelt, um dann die Zinsen zu senken, ohne aber das Problem der dann wieder steigenden Inflation aus den Augen zu verlieren. Somit spiegelt die jetzige US-Wirtschaft den Märkten kein klares Bild wieder. Die Arbeitslosenquote ist trotz jüngster Zuwächse historisch niedrig, das passte bisher nicht zu einem konjunkturellen Abschwung und zu einer Zinssenkung.
Mittel- und langfristig beflügelt die Fed-Zinswende den US-Aktienmarkt
Doch wie wird der US-Aktienmarkt auf die Zinssenkung im September reagieren? Mit Freude und Kurszuwächsen? Ich glaube nicht. Denn einerseits ist das Überraschungsmoment dahin. Die erste Zinssenkung ist eingepreist, wie man so schön sagt. Zudem, auch wenn Zinssenkungen grundsätzlich gut für den Aktienmarkt sind – denn je niedriger die Zinsen, desto höher der Bewertungsspielraum für Aktien –, in Vergangenheit war es dennoch oft so, kann es auch zu kurzfristigen Schwankungen kommen und dass der Markt zunächst seine Richtung finden muss. Das hat auch etwas mit dem Wirtschaftswachstum zu tun, denn die Zinsen werden in der Regel von den Notenbanken ja erst dann gesenkt, wenn es mit der Wirtschaft nicht mehr so gut läuft. Wobei diese Situation möglicherweise anders zu bewerten wäre, Corona, Lieferketten, Zinserhöhungen, Geopolitik und vieles mehr. Auf das schwächere Wirtschaftswachstum reagiert dann auch der Aktienmarkt und die Zinssenkung, auf die jeder kurioserweise wartet, kann dann im September von den Marktteilnehmern als Eingeständnis einer möglichen konjunkturellen Schwäche interpretiert werden. Ergo, die Aktien könnten zunächst womöglich zu Schwankungen neigen.
Doch keine Angst, ein solcher Rückgang – falls es überhaupt kommt – ist nur von temporärer Natur. Die Aktien werden wieder steigen, doch nicht unbedingt im Turbogang, was ja auch gut und verträglich ist. Darum sollte man sich als Anleger auf die nächsten Monate sorgfältig vorbereiten, wenn man mit dem Gedanken der Neu- oder Nachinvestition spielt, was Sinn macht. Doch welche Aktien, welche Branchen sind angesichts der anstehenden Zinssenkungen zu bevorzugen?
Welche Branchen am US-Aktienmarkt nun Chancen bieten
Untersuchungen zeigen, dass während Zinssenkungsphasen entgegen aller Erwartungen vor allem die defensiven Branchen erst einmal besser laufen als zyklische. Nahrungsmittel, Getränke und Pharma sind solche defensiven Branchen. Am schlechtesten, das zeigen die Untersuchungen auch, entwickeln sich während Zinssenkungsphasen der Rohstoff- und Energiebereich, also etwa Minenunternehmen und Ölkonzerne. Dass macht angesichts einer erwarteten konjunkturellen Schwäche auch Sinn, denn wenn es mit dem Wachstum abwärts geht, werden nun mal weniger Rohstoffe benötigt.
Doch das ist wie gesagt nur eine temporäre Entwicklung. Fallen die Zinsen nachhaltig und erholt sich die Wirtschaft wieder, was natürlich einige Zeit dauern kann, sind wieder die zyklische Aktien dran, also zum Beispiel Konsumaktien. Und auch der Rohstoffbereich gewinnt dann wieder an Attraktivität.
Und was ist mit den US-Techaktien? Hier ist die Situation nicht ganz so eindeutig. Tech-Unternehmen – das gilt auch für US-Technologiewerte – profitieren einerseits von fallenden Zinsen, da ihr Wachstum, das nicht selten über Schulden finanziert wird, „billiger“ wird. Die Kreditkosten fallen, das erweitert ihren finanziellen Spielraum. Andererseits: Ein konjunktureller Abschwung belastet aber auch die Bilanzen der Tech-Konzerne – auch wenn nicht in einem solchen Umfang wie die Geschäfte der zyklischen Unternehmen. Technologie wird schließlich immer gebraucht, egal, ob es gerade mit der Wirtschaft rauf oder runter geht. Bei Tech-Aktien müssen Anleger unter anderem auf die einzelnen Bewertungen achten, eine pauschale Branchenanalyse hilft hier nicht weiter.
Welche Aktien am US-Aktienmarkt angesichts der bevorstehenden Zinssenkungen sehr attraktiv sind und wie Anleger ihr Depot optimieren können, das erklären wir Ihnen gerne ganz persönlich: Kontakt.
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Über den Autor:
Dr. Markus C. Zschaber, Gründer und Geschäftsführer der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft, gilt als einer der erfahrensten und renommiertesten Vermögensverwalter in Deutschland und begleitet alle Prozesse im Unternehmen aktiv mit.
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