Den Weltraum gibt es nun zum „Sonderangebot“
14. Juni 2024
Klein, schnell und billig – die europäische Raumfahrt sucht neue Wege. Das ist auch bitter nötig, denn mit Starship haben die Amerikaner den Preiskampf im Weltraum eröffnet.
Das Bild ging um die Welt und veränderte den Blick auf unseren Planeten: „Earthrise“ – der Aufgang der Erde aus Nähe des Mondes betrachtet. Unfassbar schön, aber auch irgendwie beängstigend. Denn auf einmal wurde klar: Auch die Erde, von der all unser Leben abhängt, ist am Ende nur ein Planet, der vergänglich und zerstörbar ist.
Günstiger in den Weltraum
„Earthrise“, aufgenommen während der Apollo-8-Mission im Jahr 1968, ist ein Meilenstein in der Geschichte der Raumfahrt. Und auch die Rückkehr von Starship vor wenigen Tagen kann durchaus als Meilenstein in der Raumfahrt beschrieben werden. In den Medien nur am Rande behandelt, markiert die jüngste Starship-Mission einen Wendepunkt: von nun liegt die Raumfahrt in den Händen privater Unternehmen, die zu vergleichsweise geringen Kosten ganze Raumschiffe ins Weltraum starten können. Was bislang nur zu vielen tausenden Dollar möglich war, von jetzt ab geht es billiger.
Mit Starship werden die Kosten für die Beförderung eines Kilogramms Nutzlast in den Weltraum auf 200 Dollar gedrückt. Zur Erklärung: In den 1960er-Jahren kostete jedes Kilogramm noch rund 20.000 Dollar, zu Beginn der 2020er-Jahre noch etwa 2.000 Dollar – und nun 200 Dollar. Damit haben sich die Kosten für Raketenstarts je Kilogramm Transportlast seit 1960 um das Hundertfache reduziert. Und es geht noch billiger, sagen Experten. Recycling ist das Motto. Benutzte Raketen verglühen nicht in der Erdatmosphäre, sondern kehren heil zurück, werden betankt und fliegen erneut los. Starship vom privaten Raumfahrtunternehmen Space X, gegründet von Tesla-CEO Elon Musk, macht es vor. So geht Raumfahrt.
Raumfahrt geht auch kleiner
Raumfahrt geht aber auch, wenn man „kleiner“ denkt. Starship ist ein Gigant. Mit über 120 Metern Höhe ist Starship das größte Raketensystem weltweit. Damit können über 150 Tonnen Nutzlast auf einmal ins Weltall geschossen werden, was die Kosten je Kilogramm Last drückt. Einen umgekehrten Weg geht man in Europa. Heimische Unternehmen arbeiten an kleinen Raketen, die zwar deutlich weniger Nutzlast pro Flug aufnehmen können, dafür kann man sie aber quasi von überall zu sehr geringen Kosten in den Weltraum starten lassen. Etwa von der Nordsee aus. Von einer schwimmenden mobilen Raketenbasis aus sollen in einigen Jahren wenige Meter große Raketen ins Weltall starten. An Bord, kleine Satelliten, etwa für die Telekommunikation – ein Riesenmarkt. Rund 7.000 Satelliten umkreisen derzeit die Erde. Die Marktforschung rechnet mit 25.000 weiteren Satelliten in den nächsten zehn Jahren. Das sind vor allem kleinere Kommunikationssatelliten, bei denen es auf jeden Cent beim Start in den Weltraum ankommt.
Klein, schnell, billig – so das neue Konzept der europäischen Raumfahrt. Da man mit Elon Musk und seiner Gigantomanie ohnehin nicht mithalten kann, geht man nun bewusst den umgekehrten Weg. Das ist allerdings noch nicht überall angekommen. Mit der Ariane 6 versucht Europas Weltraumbehörde ESA immer noch mit den USA Schritt zu halten, doch der Wettstreit ist längst entschieden. Ariane 6, deren Erstflug sowieso noch aussteht, dürfte die Transportkosten je Kilogramm Nutzlast wohl auf maximal 5.000 Dollar drücken können. Das „200-Dollar-Sonderangebot“ von Elon Musk – für Ariane unerreichbar.
Der Weltraum als Zukunftsmarkt
Doch für alle gilt, wer den Weltraum dominiert, beherrscht einen zukünftigen Schlüsselmarkt. Der „New Space“, wie der erdnahe Weltraum auch genannt wird, die Kommerzialisierung der Raumfahrt und ihre zunehmende Verzahnung mit der „Non-Space-Wirtschaft“, also der Wirtschaft auf der Erde, sind schon heute Wachstumsmärkte, die im wahrsten Sinne des Wortes keine Grenzen kennen. Bis 2035 soll die Raumfahrtwirtschaft, die Space Economy, ein Volumen von knapp zwei Billionen Dollar erreichen, gegenüber 630 Milliarden Dollar im Jahr 2023. Jährlich wächst der Markt im Schnitt um zehn Prozent – und liegt damit deutlich über den drei bis vier Prozent beim Bruttoinlandsprodukt der „Erdwirtschaft“.
Die Space Economy wird die Earth Economy langfristig abhängen, sagen Beobachter – und verweisen auf Projekte wie der Kolonialisierung von Mond und Mars. Zukunftsspinnerei? Nicht unbedingt, Elon Musk und Space X wollen noch in diesem Jahrzehnt zum Mars fliegen. Und auch wenn es noch ein paar Jahre länger dauern sollte, die Weichen – oder besser – die Raketenabschussrampen sind längst gestellt.
Der Fotograph von „Earthrise“, der Astronaut William Anders, ist übrigens vor wenigen Tagen ums Leben gekommen, bei einem ganz irdischen Unglück, einem Flugzeugabsturz. Doch sein Foto ist unvergänglich, so wie der Weltraum. Doch welche Unternehmen beziehungsweise Aktien profitieren davon, das ist Expertenwissen! Kontakt.
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Über den Autor:
Dr. Markus C. Zschaber, Gründer und Geschäftsführer der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft, gilt als einer der erfahrensten und renommiertesten Vermögensverwalter in Deutschland und begleitet alle Prozesse im Unternehmen aktiv mit.
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